Hacklerregelung nicht für alle Hackler
In diversen Kampagnen ("45 Jahre sind genug") zur Rettung der abschlagsfreien Frühpension wurden vielfach Personengruppen in manuell sehr fordernden Berufen wie etwa Maurer oder Dachdecker vor den Karren gespannt. Dabei macht die im Herbst 2019 beschlossene Regelung es gerade diesen Berufsgruppen fast unmöglich, das Kleingedruckte im Pensionsgesetz zu erfüllen. Um eine vorzeitige abschlagsfreie Rente in Anspruch nehmen zu können, müssen nämlich 45 Beitragsjahre aufgrund einer Erwerbstätigkeit vorliegen. Das darf nicht mit denen in der gesetzlichen Pensionskontonachricht ausgewiesenen Versicherungsmonaten gleichgesetzt werden. Als Versicherungsmonate zählen beispielsweise auch Zeiten der Arbeitslosigkeit, Präsenzdienst oder der Kindererziehung.Beispiel: 60-jähriger Maurer, Schwerarbeiter, Arbeitsbeginn mit dem 15. Lebensjahr, 45 Versicherungsjahre
Es gibt keine Chance auf eine abschlagsfreie Pension, weil Versicherungsjahre nicht gleichbedeutend mit den geforderten Beitragsjahren aufgrund einer Erwerbstätigkeit sind. Beitragsjahre aufgrund einer Erwerbstätigkeit hat er nämlich nur 36, da folgende Versicherungsmonate für die neue Regelung nicht angerechnet werden:
- 12 Monate Schulzeiten nachgekauft
- 8 Monate Präsenzdienst
- 10 Monate Krankengeldbezug
- 78 Monate Arbeitslosengeldbezug (meist 2 Monate im Winter je Saison beim AMS gemeldet)
- somit 9 Versicherungsjahre nicht anrechenbar
Detailregelungen Frühstarterbonus
Wer ab 1. Jänner 2022 seine Rente antritt kann, egal ob Regel- oder vorzeitige Pension, eine Erhöhung um einen Fixbetrag von maximal 60 Euro erhalten. Pro Beitrags-(=Erwerbs)monat, welches vor dem 20. Lebensjahr absolviert wurde, erhöht sich die monatliche Rente um jeweils einen Euro. Die maximale Höhe errechnet sich somit aus einem Erwerbsbeginn mit dem 15. Lebensjahr und dadurch 60 Monaten Tätigkeit im entsprechenden Anrechnungszeitraum. Das Zusatzkriterium – mindestens 25 Beitragsjahre insgesamt – sollte bei den meisten Anspruchsberechtigten leicht erfüllbar sein.Gewinner und Verlierer von Neu- und Altregelung
Zu den größten Verlierern der Abschaffung der abschlagsfreien Pension zählen schwerpunktmäßig Angestellte mit frühem Erwerbsbeginn und natürlich 45 Beitragsjahren. Hier hätte sich die Befreiung von den Abschlägen finanziell am stärksten ausgewirkt. Auf Basis der durchschnittlichen Höhe einer Pension im Rahmen der „Langzeitversicherungs- bzw. Hacklerregelung" per 2019 mit 2.425 Euro pro Monat hätte die Befreiung von den Abschlägen bei Rentenantritt mit 62 eine jährliche Mehrleistung von 4.894 Euro brutto gebracht. Der Frühstarterbonus dagegen ist mit 840 Euro jährlich an zusätzlicher Pensionsleistung limitiert, dafür aufgrund deutlich einfacherer Anspruchskriterien für eine viel breitere Personengruppe zugänglich. Am stärksten davon werden Menschen aus Lehrberufen mit relativ frühem Start ins Erwerbsleben profitieren. Dabei wird es sich nicht wie von der Regierung propagiert primär um Frauen handeln. Im Jahr 2019 waren laut Statistik Austria 62,61 Prozent der Lehrlinge männlich. Und paradoxerweise ist die neue – vermeintlich frauenfreundliche – Regelung nun Dachdeckern und Maurern auf den Leib geschneidert, die aus der Hacklerregelung tendenziell keinen Vorteil hätten ziehen können.Individuell und bei Finanzexperten über Pensionsansprüche informieren
Es ist sehr wichtig, seine tatsächlichen gesetzlichen Pensionsansprüche und seine Antrittsoptionen zu kennen. Aus Ihrem gesetzlichen Pensionskonto kann Ihr persönlicher Rentenanspruch hochgerechnet und auch ihr frühestmögliches Antrittsdatum ermittelt werden. Je früher hier potenzielle Lücken aufgeworfen werden, desto effizienter und mit weniger Kapitalaufwand kann gegengesteuert werden. Sehr gerne beraten wir Sie zu den umfangreichen Vorsorgemöglichkeiten.Datenquellen: Sozialministerium, Statistik Austria